1565
Gründung der Spanischen Hofreitschule
Am heutigen Josefsplatz und seiner nächsten Umgebung, in unmittelbarer Nähe der Hofburg, wurde eine offene Reit- und Turnierbahn installiert – der Beginn einer großen Geschichte. In einem Dokument vom 20. September 1565 wird dieses Reitareal das erste Mal erwähnt: Ein Betrag von hundert Gulden wird zur „Aufrichtung des Thumblplatz im Garten an der Purgkh alhie‘“ genannt. Dies ist als erste Erwähnung der späteren Spanischen Hofreitschule anzusehen.
1565 wurde auch der Grundstein für die Stallburg gelegt.
Gründung des Hofgestüts Lipica
Erzherzog Karl II. von Innerösterreich gründete das Hofgestüt am Karst in der Nähe des Dorfes Lipica (damals Österreich, heute Slowenien), um fast 100 Jahre lang den Hof in Graz zu beliefern.
Dieses bestückte er mit importierten Pferden aus Spanien. In den folgenden Jahrhunderten züchteten die Habsburger Kaiser hier aus diesen spanischstämmigen Pferden eine Rasse, die den Anforderungen der klassischen Reitkunst ideal entsprach. Die besten Hengste wurden für den Wiener Hof ausgewählt.
1580
1716
Errichtung der Benedektinerabtei in Piber
Die Baugeschichte des Schlosses geht auf das 17. Jahrhundert zurück. Damals wurde das Schloss von den Benediktinern als Abtei erbaut, in diesem Fall als Anwesen der Abtei St. Lambrecht. Seither beherbergte das Schloss verschiedene andere Einrichtungen, wie das Pfarrhaus der benachbarten Pfarrkirche St. Andreas, eine öffentliche Volksschule oder in Kriegszeiten eine Militärverwaltung. Noch heute befinden sich im Erdgeschoss des Schlosses die Gestütsverwaltung sowie das Marketing- und Tourismusbüro. Die hauseigene Gestütsbibliothek mit den originalen Zuchtbüchern der Lipizzanerrasse ist im zweiten Stock untergebracht. Mietwohnungen befinden sich im ersten und zweiten Stock des Westflügels des Schlosses.
Baubeginn der Winterreitschule in Wien
Erst unter Kaiser Karl VI. begann man 1729 erneut mit dem Bau einer Reitschule, der Winterreitschule im Michaelertrakt der Hofburg. Noch heute ist auf der Tafel über dem Rundbogen des Reitereinganges zu lesen, dass sie „zum Unterricht und zur Übung der adeligen Jugend wie auch zur Ausbildung der Pferde für Kunstritt und Krieg“ errichtet wurde. Geplant wurde das Gebäude von Johann Bernhard Fischer von Erlach, gebaut wurde es von seinem Sohn Emanuel Fischer von Erlach, fertig gestellt wurde es im Jahre 1735.
Es ist bis heute in seiner ursprünglichen Form erhalten und gilt als barockes Juwel und schönste, prachtvollste Reithalle der Welt. Seither wurden an der Spanischen Hofreitschule fast ausschließlich Hengste aus dem Karster Hofgestüt (Lipizza) verwendet, die bis 1780 als „Spanische Karster“ und erst dann als „Lipizzaner“ bezeichnet wurden.
1729
1740
Die Winterreitschule als „Eventlocation“
Unter Kaiserin Maria Theresia, die 1740 den Thron bestieg, wurden in der Winterreitschule zahlreiche Karussells, Maskenfeste, Reiterspiele und Hofbälle gefeiert. Da die Winterreitschule zu den größeren Gebäuden des Hofes zählte, nutzten die Habsburgerinnen und Habsburger sie gerne für Feierlichkeiten. Noch heute ist es möglich, im schönsten Reitsaal der Welt zu feiern.
Erstmalige Erwähnung Pibers
1796 findet die Säkularisierung durch Joseph II. statt.
Die erstmalige Erwähnung von Piber als Gestüt geschah 1798. Damals wurde das Gestüt als sogenanntes Remonten-Depot eingesetzt, d.h. als Ausbildungsstätte von Pferden für verschiedene Verwendungen in der Armee.
1796-1798
Spätes 18. / frühes 19. Jahrhundert
Europäische Reitinstitute im Wandel der Zeit
Die Zeit des Wiener Kongresses (1814 bis 1815) brachte mit ihren internationalen Staatsgästen neue Impulse – es wurde getagt, getanzt und gefeiert.
Die Französische Revolution und die Napoleonischen Kriege führten – mit Ausnahme der Spanischen Hofreitschule – in ganz Europa zum Ende jener Institute, die sich der klassischen Reitkunst verpflichtet fühlten. Seit dieser Zeit ist Wien der einzige Ort, an dem die Hohe Schule der klassischen Reitkunst ohne Unterbrechung ihre Tradition bis zum heutigen Tag fortführt.
Revolutionsjahr
Im Revolutionsjahr 1848 tagte der erste Reichstag der Monarchie in der Winterreitschule – die feierliche Eröffnungssitzung der ersten Volksvertretung des Kaisertum Österreichs fand am 22. Juli statt.
1848
1867
Der Kaiser und sein Pferd
Als Kaiser Franz Josef am 8. Juni 1867 auf dem Krönungshügel in der Nähe von Budapest zum König von Ungarn gekrönt wurde, ritt er den Lipizzanerhengst Maestoso Cerbero – der Lipizzaner galt als Pferd des Herrschers.
Verschriftlichung der Directiven
Die grundsätzlichen „Directiven“, die das gesamte mündlich überlieferte Wissen um die Reitkunst an der Spanischen Hofreitschule umfassen, werden erstmals von Feldmarschall Franz Holbein und Oberbereiter Johann Meixner niedergeschrieben.
1898
19. Jahrhundert
Die Spanische Hofreitschule avanciert zum Zentrum der mitteleuropäischen Reitkunst
Im 19. Jahrhundert wurde die Spanische Hofreitschule unter Maximilian Weyrother zu einem Mekka der Reiter Mitteleuropas. Schon sein Großvater, sein Vater und sein Bruder Gottlieb waren Oberbereiter an der Schule. Er hat den Begriff vom „denkenden Reiter“ geprägt.
Ende der Monarchie
Nach dem Ersten Weltkrieg sicherte die weiterhin treu im Dienst verbliebene Reiterequipe mit großem persönlichem Einsatz ihres Wortführers Mauritius Herold den Fortbestand der Schule, die nun dem Landwirtschaftsministerium unterstellt wurde. Eineinhalb Jahre nach Kriegsende fand die erste öffentliche Vorführung statt.
1919
1920
Piber: Neue Heimat unserer Lipizzaner
1920 fand der in Österreich verbliebene Teil der Originalherde – die Lipizzaner wurden zwischen Österreich und Italien aufgeteilt – in der Weststeiermark, in Piber, ihre neue Heimat. Das Bundesgestüt Piber wird das Nachfolgestüt des alten kaiserlichen Hofgestüts in Lipica Hier wird bis heute nach den klassischen Richtlinien des barocken Lipizzanertyps die direkte Nachfolge der alten kaiserlichen Herde gezüchtet.
Die Geschichte der Zucht von Lipizzanern startete in Piber damit erst im Jahr 1920. Damals bekam Österreich nach dem Ersten Weltkrieg 97 der 241 in Laxenburg bei Wien und im Gestüt Kladrub beherbergten Lipizzaner zugesprochen. Mit ihrer Übersiedelung nach Piber glich ihr Wohnort von geologischer Seite gesehen nun wieder ihrem Ursprung in Lipica (Slowenien), wo die Pferde vor dem Ersten Weltkrieg untergebracht waren und gezüchtet wurden. Die damalige Übersiedelung nach Laxenburg und Kladrub ergab sich aus nahenden Kampfhandlungen rund um Lipica.
Popularisierung der Hofreitschule international
Rudolf Graf van der Straten, nach dem Weltkrieg der erste Leiter der Reitschule, machte sie u.a. durch Gastspielreisen im Ausland so populär, dass es zu einem nationalen und internationalen Aufschrei kam, als 1925 die Einstellung des Betriebes überlegt wurde.
1925
1938 - 1945
Die Spanische Hofreitschule und das Gestüt Piber während des Zweiten Weltkriegs
Die Spanische Hofreitschule und das Gestüt Piber während des Zweiten Weltkriegs
Kurz nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht im März 1938 trat Rudolf Graf van der Straten zurück. Neuer Leiter wurde der aus dem österreichischen Bundesheer in die deutsche Wehrmacht übernommene Major Alois Podhajsky (1939 bis 1964), Bronze-Medaillengewinner bei den Olympischen Spielen 1936 und erfahrener Dressurfachmann. Alois Podhajsky gab sein gesamtes Wissen in dem Werk „Die klassische Reitkunst“ weiter, das bis heute ein Standardwerk der Dressurreiterei ist.
Im Jahr 1945 wurden die Schulhengste der Spanischen Hofreitschule und die nach Böhmen evakuierte Stutenherde des ehemaligen Bundesgestüts Piber in St. Martin (Oberösterreich) zusammengeführt und danach nach Wels bzw. Wimsbach (Oberösterreich) gebracht
Exil der Lipizzaner in Hostau
Die erneute Kriegssituation unter dem Anschluss an das nationalsozialistische Deutschland brachte wiederum einer Übersiedelung der Lipizzaner mit sich: dieses Mal nach Hostau in den Böhmerwald. Mehr als ein Jahrzehnt lang dienten die Gestütsgemäuer Pibers schließlich als Militärstützpunkt, ganz ohne Lipizzanerzucht.
Bis zum Zweiten Weltkrieg verfolgte man im Gestüt eifrig die Zucht und Aufzucht dieser edlen Pferde. Erst 1952, nach Umwegen über Bayern und Oberösterreich, kehrten die weißen Pferde wieder zurück in die Steiermark. Bis zum heutigen Tag wird die besondere Pferderasse im Lipizzanergestüt Piber gezüchtet, gehegt und gepflegt.
1942 - 1952
1955
Rückkehr nach Wien
Erst im Jahr 1955, kehrte die Spanische Hofreitschule in ihr angestammtes Zuhause in der Wiener Hofburg zurück. Die erste Vorführung fand am 26. Oktober 1955, dem damals erstmals gefeierten österreichischen Nationalfeiertag, statt.
Die Zügel der Hofreitschule in der Hand
Oberst Hans Handler folgte im Jahr 1964 Oberst Alois Podhajsky nach, der jedoch am 2. Oktober 1974 während der Vorführung tot von seinem Hengst Siglavy Beja stürzte. Sein Nachfolger wurde sein langjähriger Stellvertreter, Oberstleutnant Kurt Albrecht. Er erreichte u. a. eine soziale Besserstellung des reitenden Personals. Darüber hinaus galt sein Bestreben, den gestiegenen Anforderungen des zunehmenden Fremdenverkehrs gerecht zu werden und gleichzeitig das seit Jahrhunderten geforderte Niveau zu erhalten. Im Jahre 1985 trat er in den Ruhestand.
1964 - 1985
2001
Ausgliederung der Spanischen Hofreitschule
Im Jahr 2001 wurden die Spanische Hofreitschule und das Lipizzanergestüt Piber in die Gesellschaft öffentlichen Rechts „Spanische Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber“ umgewandelt, wobei die Gesellschaft nach wie vor zur Gänze im Eigentum des Bundes steht. Beide Institutionen wurden zusammengeführt und durch ein eigenes Spanische Hofreitschule-Gesetz beauftragt, im öffentlichen Interesse gelegene Aufgaben zu erfüllen. Dazu zählen vor allem die Ausübung und Bewahrung der Hohen Schule der klassischen Reitkunst, die Fortführung der traditionsgemäßen Zucht der Lipizzaner.
Frauen auf dem Weg zur Bereiterin
Am 9. September 2008 nahm die Spanische Hofreitschule Wien erstmals in ihrer Geschichte zwei Frauen zur Bereiter:innen-Ausbildung auf.
2008
2010
UNESCO-Auszeichnung für die Spanische Hofreitschule
Die klassische Reitkunst in ihrer Renaissancetradition der Hohen Schule, die von der Spanischen Hofreitschule gepflegt wird, wird von der UNESCO als nationales Kulturerbe anerkannt
450 Jahre klassische Reitkunst auf höchstem Niveau
Die Spanische Hofreitschule feiert ihr 450-Jahr-Jubiläum mit zahlreichen Aktivitäten. Absoluter Höhepunkt war eine Gala am Heldenplatz vor der Präsidentschaftskanzlei gekrönt mit der anschließenden 6. Fête Impériale. Für diese Jubiläumsvorführung sowie weitere Galavorstellungen kam die Königlich-Andalusische Reitschule (Real Escuela Andaluza del Arte Ecuestre) aus Jerez mit ihren Pferden nach Wien, um gemeinsam mit der Spanischen Hofreitschule eine ganz besondere Präsentation der klassischen Reitkunst zu geben.
Die klassische Reitkunst der Spanischen Hofreitschule wird in die UNESCO-Liste als immaterielles Kulturerbe der Menschheit aufgenommen.
2015
2016
UNESCO-Auszeichnung für die Lipizzanerzucht
Ernennung des Wissens um die Lipizzanerzucht zum nationalen, immateriellen Kulturerbe durch die UNESCO.
Mit Hannah Zeitlhofer wird die erste Frau in der Geschichte der Spanischen Hofreitschule als Bereiterin angelobt.
Immaterielles Kulturerbe der Menschheit
Die zweite hohe UNESCO-Auszeichnung für die Spanische Hofreitschule mit dem Lipizzanergestüt Piber, der Heimat und dem Geburtsort der weltberühmten weißen Stars.
Das Wissen um die Lipizzanerzucht wird am 1.12.2022 in die Repräsentative UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.